Als Kind wurde es Marcel Keller im Schulbus regelmässig schlecht: «Zwei, drei Kurven, und ich musste erbrechen.» Heute leidet der 44-jährige Zürcher nur noch auf Segelschiffen. Besonders schlimm traf es ihn bei einem Segeltörn zwischen Madeira und Malaga. «Ich konnte vier Tage lang kaum essen und trinken», erinnert sich Keller. Er fühlte sich matt, wollte nur noch schlafen. Trotzdem schob er jede Nacht Wache an Deck. «Das lenkte mich ab und die frische Luft tat gut.»
Nicht nur auf dem stürmischen Meer leiden viele an der See- oder Reisekrankheit. Empfindlichen Leuten wird es auch beim Autofahren oder in einem Neigezug übel. Die Ursache: Das Gehirn kann die unterschiedlichen Signale von Gleichgewichtssinn und Auge nicht verarbeiten.
In den Apotheken gibt es eine Reihe von Medikamenten dagegen (siehe Tabelle). Oft verwendet wird Stugeron. Reisemediziner Svend Capol aus Luzern: «Es hat sich bewährt und hilft vielen Reisenden.» Aber nicht allen: Bei Marcel Keller nützte es nicht. Viele Patienten klagen zudem über Nebenwirkungen wie Müdigkeit und Kopfweh.
Ingwerkapseln auch gut für Schwangere
Meist gering sind die Nebenwirkungen von Itinerol B6 und Trawell-Kaugummis. Reisemedizinerin Danielle Gyurech aus Zürich sagt: «Sie wirken eher schwach.» Dass der Wirkstoff auch müde macht, ist laut Gyurech von Vorteil: «Schlafen ist am besten – es entspannt das Gehirn.» Doch nicht jeder kann oder will die Reise verschlafen. Itinerol enthält deshalb Koffein – und Vitamin B6. Letzteres kann ebenfalls gegen Erbrechen helfen.
Neben chemischen Wirkstoffen gibt es sanfte Mittel, wie die Ingwerkapseln Zintona. Laut Capol sind sie eine gute Alternative: «Sie sind sehr gut verträglich und eignen sich auch für Schwangere.»
Homöopathische Mittel auf Patienten abstimmen
Das gilt auch für homöopathische Mittel. Capol: «Ist das Präparat auf den Patienten abgestimmt», wirke das Mittel meist besser als Mischpräparate wie Similasan. Laut Fachleuten ist der Nutzen von Ingwerpräparaten nur zum Teil nachgewiesen, bei homöopathischen Mitteln überhaupt nicht.
Medikamente gegen Reisekrankheit sollte man schlucken, bevor einem richtig übel ist. Trawell-Kaugummis kann man auch kurzfristig einsetzen, ebenso Motilium, das gegen Übelkeit und Erbrechen hilft. Die Wirksamkeit gegen die Reisekrankheit ist zwar nicht nachgewiesen. Es kann aber den Magen beruhigen.
Die Hersteller verweisen auf die Patienteninformation und auf die Beratung durch einen Arzt oder Apotheker.
Laut Janssen Cilag kann jedes Medikament Nebenwirkungen verursachen. Motilium sei für Reisekrankheit nicht zugelassen. Die Firma Chrisana verweist auf Studien zur Wirksamkeit von Ingwer. Laut Boiron Schweiz bestätigt die langjährige Erfahrung mit Cocculine, dass es wirksam und sicher sei.
Similasan sagt, dass bei Reisebeschwerden mehrere Symptome auftreten und deshalb eine Kombination zwingend sei. Laut Galenica gibts bei Itinerol B6 nur gelegentlich Nebenwirkungen. Eine Studie habe gezeigt, dass es genauso gut helfe wie Mittel mit Cinnarizin.
Tipps: Reiseübelkeit - So können Sie vorbeugen
- Essen Sie nicht zu viel und nichts schwer Verdauliches.
- Trinken Sie nur wenig Alkohol.
- Beginnen Sie die Reise ausgeschlafen und ohne Stress.
- Im Auto: Nicht lesen oder Computerspiele machen. Besser aus dem Fenster schauen.
- Auf dem Schiff: Bleiben Sie an Deck und behalten Sie den Horizont im Auge.
- Essen Sie kleine Mengen Zwieback oder Salzgebäck. Manchmal hilft Kaugummi.
- Für Kleinkinder sind Autofahrten während der Schlafenszeit am besten.