Arthrose - Nicht immer muss operiert werden
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saldo 5/2001
14.03.2001
Arthrose kann zwar nicht geheilt werden. Aber es gibt zahlreiche Mittel und Wege, um die Schmerzen zu lindern.
Als ihr der Arzt mitteilte, dass sie in beiden Knien Arthrose hat, war Margrit Schmid schockiert: "Ich hatte Angst, im Alter nicht mehr gehen zu können oder gar auf den Rollstuhl angewiesen zu sein." Das war vor 30 Jahren. Heute, 83-jährig, ist Margrit Schmid eine aktive Rentnerin, besorgt ihren Haushalt selbst, geht regelmässig ins Altersturnen und kümmert sich um di...
Arthrose kann zwar nicht geheilt werden. Aber es gibt zahlreiche Mittel und Wege, um die Schmerzen zu lindern.
Als ihr der Arzt mitteilte, dass sie in beiden Knien Arthrose hat, war Margrit Schmid schockiert: "Ich hatte Angst, im Alter nicht mehr gehen zu können oder gar auf den Rollstuhl angewiesen zu sein." Das war vor 30 Jahren. Heute, 83-jährig, ist Margrit Schmid eine aktive Rentnerin, besorgt ihren Haushalt selbst, geht regelmässig ins Altersturnen und kümmert sich um die Enkelkinder. "Meine Knie sind zwar manchmal etwas geschwollen, und ich habe Medikamente und Salben griffbereit, doch es geht mir ausgezeichnet."
Bei vielen Patienten stagniert die Krankheit während Jahren
Kann Arthrose plötzlich aufhören, oder hat sich der Gelenkknorpel in Margrit Schmids Knien wieder regeneriert? "Arthrose kann nicht heilen, der defekte Knorpel bleibt unwiderruflich geschädigt", erklärt Knorpelspezialist Dr. Hans Jörg Häuselmann vom Zentrum für Rheuma- und Knochenerkrankungen an der Zürcher Klinik im Park. "Doch es gibt unterschiedliche Verlaufsformen der Arthrose. Bei mehr als 50 Prozent der Arthrosepatienten ist der Verlauf während Jahren stabil und nur wenig symptomatisch."
"Eine Arthrose muss nicht jeden Tag weh tun"
Gemäss Definition versteht man unter Arthrose eine chronische Degeneration, eine Abnützung des Gelenkknorpels, am häufigsten in Knie- und Hüftgelenken, bei Frauen oft auch in den Fingern. Die Ursache des Untergangs von Knorpelgewebe ist unklar. Als Risikofaktoren gelten frühere Verletzungen, Fehlstellungen der Gelenke wie zum Beispiel X- oder O-Beine, Übergewicht oder massive körperliche Belastung. Auch die Vererbung spielt eine Rolle.
Entscheidend ist auch das Lebensalter. Unter den 60- bis 80-Jährigen finden sich bei 80 Prozent der Leute beim Röntgen Arthrosezeichen. Doch: "Eine Arthrose muss nicht jeden Tag weh tun", erklärt Häuselmann, zunächst erste schwer zu glaubende Aussage. Tatsächlich sind die Schmerzen vor allem dann unerträglich, wenn sich das Arthrosegelenk entzündet. Fachleute sprechen von einer aktivierten Arthrose.
Während solcher Entzündungsschübe ist es sinnvoll, Rheumamedikamente zu schlucken. Häuselmann rät, die Wahl und Dosierung des Medikamentes immer mit dem Arzt zu besprechen, denn gewisse Antirheumatika können zu Magenproblemen führen.
Bei einer starken Entzündung können Kortisonspritzen direkt ins Gelenk helfen. Nicht zu empfehlen bei Arthrose sind Kortisonpräparate in Tablettenform.
Im Trend sind heute Spritzen ins Gelenk, welche mit künstlichen Schmiermitteln abgenützte Gelenke wieder flott machen sollen. Die Präparate (Hyaluronsäure) gelten nicht als Medikamente, sondern als mechanisch wirkende Substanzen und werden deshalb nicht von den Kassen bezahlt.
Arthrosegelenke sollten viel Bewegung haben
Zu den bekannten und anerkannten nichtmedikamentösen Behandlungsmethoden der Arthrose zählen verschiedene physikalische Therapien wie zum Beispiel Heublumenwickel oder Fangopackungen. Ist ein Gelenk entzündet, schaffen kühle Umschläge Linderung. Arthrosegelenke brauchen vor allem viel Bewegung. Margrit Schmid hat sich von ihrem Arzt Dr. Rainer Klöti vom Medizinischen Zentrum im Park in Schinznach-Bad zu regelmässiger Gymnastik motivieren lassen, als sie schon über 60 war. "Turnen war nie meine Leidenschaft, doch heute bin ich überzeugt: Es ist die beste Medizin für mich."
Einmal pro Jahr gönnt sich Margrit Schmid drei Wochen ambulante Kur in Schinznach-Bad. Dann bekommt sie täglich Therapien, mit Vorliebe im Thermalwasser, und macht Spaziergänge an der Aare. Rheumatologe Rainer Klöti sieht den Nutzen einer Kur in der physiotherapeutischen Anleitung zu guten und gesunden Alltagsaktivitäten, im Sinne von Hilfe zur Selbsthilfe.
Bitterer Beigeschmack für Margrit Schmid: Ihre Krankenkasse deckt nur knapp ein Drittel der Kurkosten, den Rest zahlt sie selbst. Doch: "Solange es mir hilft, zahle ich gerne."
Urs Sloksnath
Therapie - Verschiedene Möglichkeiten zur Linderung von Arthrose-Symptomen
° Symptome: Typisch für Arthrose ist der so genannte Anlaufschmerz. Nach längerer Ruhe sind die ersten Schritte schmerzhaft und werden erst nach einigen Metern besser. Im weiteren Verlauf der Arthrose kommt es durch Knorpelabrieb zu Reizungen des Gelenks mit Entzündung, Schwellung und auch zu Schmerzen im Ruhezustand.
° Bewegungstherapie und Gymnastik: Gut trainierte Muskulatur schützt die Gelenke und hält den Knorpel gesund.
° Physikalische Therapie/ Massage: Wärme gegen Muskelverspannungen, Kälte bei Entzündung. Spezielle Massagetechniken können steife Gelenke lockern.
° Medikamente: Paracetamol oder Tramadol als Schmerzmittel. Nicht-steroidale Antirheumatika (NSAR) gegen Schmerzen und Entzündung. Bei Risiko für Magenunverträglichkeit sind die neuen Cox-2-Hemmer zu empfehlen.
° Kortisonspritzen: Bei starker Entzündung lokal Kortisonpräparate ins Gelenk. Keine Langzeitbehandlung.
° Künstliche Gelenkschmiere: Spritzen mit Hyaluronsäure-Präparaten ins Gelenk führen zu unterschiedlich starker Schmerzlinderung und Funktionsverbesserung. Die Präparate sind nicht kassenpflichtig.
° Ernährungsberatung: Ziel ist eine Gewichtsreduktion zur Entlastung der ArthroseGelenke.
° Knorpelschutzpräparate: Präparate mit Glukosamin und Chondroitin zum Einnehmen. Diese führen zu unterschiedlicher Schmerzlinderung und möglicherweise Knorpelschutz. Rezeptpflichtig.
° Knorpelaufbaupräparate, Vitamine: Muschelextrakte, Fischöl- oder Hühnerknorpelpräparate (Kapseln, Salben, Badezusatz) zum Schutz und Wiederaufbau des Gelenkknorpels. Ein wissenschaftlicher Nachweis fehlt. Rezeptfrei.
° Akupunktur: Alternative Möglichkeit zur Schmerzbehandlung.
° Pulsierende Signaltherapie (PST): Pulsierendes elektromagnetisches Feld rund um das Arthrose-Ge-lenk. Verspricht Schmerzlinderung und Stimulation des Knorpelaufbaus. Kein sicherer wissenschaftlicher Nachweis. Nicht kassenpflichtig. (Infotelefon PST: 041 768 51 85).
° Hilfsmittel: Gehhilfen wie Stock oder Krücken, dämpfende Schuheinlagen.
° Kostenlose Patienteninformation "Arthrose" bei: Schweizerische Rheumaliga, "Bestellungen", Renggerstrasse 71, Postfach, 8038 Zürich. Bitte ein adressiertes und frankiertes Rückantwortcouvert C5 beilegen.
Informationen über Gymnastikkurse der Schweizerischen Rheumaliga erhalten Sie bei Ihrer kantonalen Rheumaliga (siehe Telefonbuch) oder unter Telefon 01 487 40 00.