Ein Mittwochabend im Februar: Stefan Schaub stellt seine Schaubkost in einem Saal des Restaurants Au Premier im Zürcher Hauptbahnhof vor. «Konsumieren Sie keine Getreideprodukte», empfiehlt Schaub dem Publikum. Auch auf Joghurt, Orangen, Zitronen und Sauerkraut soll man verzichten. Saure Lebensmittel würden den Körper übersäuern. Die Folge seien Arthritis, Neurodermitis und Magengeschwüre. Getreide schmecke zwar nicht sauer, enthalte aber Phytinsäure, die zur Übersäuerung beitrage. Besonders schädlich seien Vollkornprodukte – sie enthielten am meisten Phytinsäure. Statt Getreide solle man Fleisch, Käse, Eier, Gemüse und Früchte essen. «Fleisch ist basisch, keine Säure», sagt Schaub.
Doch Fachleute distanzieren sich von der Schaubkost. Der Zürcher Präventivmediziner David Fäh hält Schaubs Aussagen schlicht für «Humbug». Fäh: «Die Hauptursachen für Krankheiten wie Neurodermitis oder Arthritis sind genetischer Natur.» Der Körper habe genug Mechanismen, um sich vor zu viel Säure zu schützen.
Ernährungsfachfrau Carine Buhmann wirft Schaub vor, sauer schmeckende Lebensmittel mit säurebildenden Produkten zu verwechseln. Zitrusfrüchte führen laut Buhmann nicht zu einer Übersäuerung, sondern werden im Darm zu Basen abgebaut. Und für den Basler Stoffwechselexperten Ulrich Keller sind Schaubs Aussagen «konfus». Es sei falsch, wenn Schaub behaupte, Fleisch sei basisch. Beim Verdauen produziere Fleisch Säure. Fleischesser hätten einen sauren Urin, so Keller. Das zeige, dass Schaubs Theorie nicht stimme.
Auch eine Ernährung ohne Getreide halten die Fachleute nicht für sinnvoll. Wer auf Kohlenhydrate verzichte, habe erfahrungsgemäss plötzlich Heisshunger darauf, sagt Carine Buhmann. Will man den Kohlenhydrat-Konsum reduzieren, sollte man auf Süssigkeiten und Weissbrot verzichten, so David Fäh, nicht auf Vollkornprodukte. Carsten A. Wagner, Professor am Institut für Physiologie der Uni Zürich, sagt: «Phytinsäure wird vom menschlichen Organismus nicht aufgenommen und kann daher keinen Schaden anrichten.» Und Buhmann warnt: «Zu viel tierisches Eiweiss und Fett kann die Arteriosklerose fördern und so Herz- und Kreislaufkrankheiten begünstigen.»
Stefan Schaub wirft seinen Kritikern vor, sie würden sich «nicht an die biologischen Fakten halten». Die Übersäuerung des Bindegewebes sei messbar. Die Inuit, die sich «fast ausschliesslich von Fisch und Fleisch» ernähren, würden nicht häufiger an Herzkrankheiten leiden. Das beweise, dass fleisch- und fettreiche Nahrung gesund sei. Studien, die zum gegenteiligen Schluss kamen, seien gefälscht, so Schaub. Die Aussage der Fachleute, wonach Fleisch beim Verdauen Säure bildet, sei «so richtig wie die Theorie, dass die Erde eine Scheibe ist». Bei seinen Klienten habe er «keine Frustration und keine Heisshungerattacken auf Kohlenhydrate festgestellt». Bei der Schaubkost müsse man nicht auf Kohlenhydrate verzichten: «Man ersetzt nur Teigwaren durch Kartoffeln – und Brötchen zum Frühstück durch Früchte.»