Nadelstiche gegen Pollen
Die Pollensaison beschert vielen Menschen Qualen. Nasensprays und Augentropfen helfen nur vorübergehend. Die traditionelle chinesische Medizin hingegen hilft dem Körper, sich selber gegen die Pollen zu wehren.
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Gesundheitstipp 5/2003
14.05.2003
Regula Schneider - rschneider@pulstipp.ch
Die 24-jährige Ladina Florin liegt auf dem Behandlungstisch. Sie zuckt leicht zusammen, wenn eine Akupunkturnadel ihre Haut durchsticht. «An entzündeten Stellen piekst es manchmal ganz schön», sagt die Heuschnupfen-Patientin. Sie leidet im Frühsommer seit Jahren unter häufigem Niesen, Augenbrennen, geschwollenen Lidern und entzündeten Tränenkanälen. «Ich reagiere vor allem auf Birken und Weidenkätzchen allergisch», sagt sie. Tabletten, Nasensprays und Augentropfen hätten nur vorüb...
Die 24-jährige Ladina Florin liegt auf dem Behandlungstisch. Sie zuckt leicht zusammen, wenn eine Akupunkturnadel ihre Haut durchsticht. «An entzündeten Stellen piekst es manchmal ganz schön», sagt die Heuschnupfen-Patientin. Sie leidet im Frühsommer seit Jahren unter häufigem Niesen, Augenbrennen, geschwollenen Lidern und entzündeten Tränenkanälen. «Ich reagiere vor allem auf Birken und Weidenkätzchen allergisch», sagt sie. Tabletten, Nasensprays und Augentropfen hätten nur vorübergehend geholfen. «Die Medikamente haben mich müde gemacht und irgendwann aufgehört zu wirken.»
Seit letztem Frühjahr lässt sich Ladina Florin mit traditioneller chinesischer Medizin (TCM) gegen ihre Pollenallergie behandeln. Die Therapie besteht aus Akupunktur und chinesischen Kräutern. Sind die Beschwerden akut, geht sie einmal pro Woche zur Akupunktur, sonst alle zwei Wochen. Nach 8 bis 10 Wochen folgt jeweils eine längere Behandlungspause. «Die Akupunktur löst meine verstopfte Nase», erzählt die junge Frau. Sie hofft, den Heuschnupfen vollständig loszuwerden. «Die Symptome sind bereits viel schwächer als im letzten Frühjahr», sagt sie. «Ich kann mich draussen aufhalten, ohne Medikamente zu schlucken.»
Wer sich einer Behandlung mit TCM unterzieht, braucht jedoch Zeit und Geduld. «Wenn man schon mehrere Jahre lang krank ist, braucht man mehrere Behandlungsphasen, um einen nachhaltigen Erfolg zu erzielen», sagt die chinesische Professorin Hongwi-liu-schupp vom Sinomed-Zentrum in Zürich. Die besten Heilungschancen habe, wer die Therapie ein bis zwei Monate vor dem Ausbruch der Symptome beginne. Häufig würden die Symptome dann von Jahr zu Jahr schwächer. Manchmal sei aber ein Patient auch nach acht bis zehn Sitzungen für mehrere Jahre oder für immer beschwerdefrei.
«Bei jedem dritten Patienten bringt die Behandlung eine schnelle Besserung», sagt die Ärztin. Am besten würden Kinder und Jugendliche darauf ansprechen. «Bei Kindern können zwei Behandlungen ausreichen, um die Krankheit zu heilen», sagt die Fachfrau aus China.
Vom Gleichgewicht der Energie in den Meridianen
Die traditionelle chinesische Medizin geht davon aus, dass der Mensch gesund ist, wenn die Lebensenergie harmonisch fliesst. Ist sie irgendwo blockiert, hat der Körper nicht mehr genügend Kraft, Krankheiten abzuwehren. Die TCM lehrt, dass der menschliche Körper von 12 Energiebahnen, Meridiane genannt, durchzogen ist. «Wir schauen uns an, wie das Gleichgewicht der Energie in den Meridianen aussieht», erklärt Yang Mamqiao, chinesische Ärztin in Zürich. «Wir nennen dies Yin und Yang.» Stimmt die Balance zwischen Yin und Yang nicht, ist die Lebensenergie geschwächt. «Bei der Pollenallergie haben die Lungen-, die Milz- und die Nierenmeridiane besonders wenig Energie», sagt die Ärztin. Je länger jemand an Heuschnupfen leide, desto deutlicher sei der Energieverlust erkennbar. Der Körper kann dann die Pollen nicht abwehren, weil der Energiepegel zu niedrig ist.
Um eine Diagnose stellen zu können, muss ein TCM-Arzt auf die ganze Persönlichkeit eines Patienten eingehen. «Zwei Menschen mit denselben Symptomen können zwei verschiedene Diagnosen erhalten», sagt Severin Bühlmann, TCM-Arzt aus Aarau. Aufschluss geben, nebst den Symptomen, das Aussehen der Zunge und der Pulsbefund am Handgelenk.
«Die Diagnose beinhaltet die Behandlungsstrategie», erklärt Bühlmann. Wer zu Beginn einer TCM-Therapie Medikamente wie Augentropfen oder Asthmasprays nehme, müsse damit nicht zwangsläufig aufhören. «TCM und westliche Medikamente ergänzen einander in der Regel gut», sagt der Arzt. «Die Patienten, die gut auf die Behandlung ansprechen, benötigen weniger Medikamente und können sie oft mit der Zeit ganz weglassen.»
Chinesische Kräuter bauen das Immunsystem auf
Behandlungsmethoden der TCM sind Akupunktur und Kräuterkuren, aber auch Massagen, Ernährungs- und Bewegungstherapien. Die Akupunktur wird oft durch chinesische Kräuter ergänzt. Beide Methoden können sowohl präventiv als auch bei akuten Symptomen eingesetzt werden. Das Stechen der feinen Nadeln an bestimmten Akupunkturpunkten bringt die Energie in den Meridianen wieder zum Fliessen. Die chinesischen Kräuter dienen einem gründlichen Aufbau des Immunsystems. «Die Kombination aus Akupunktur und Kräutern wird bei Heuschnupfen sehr häufig angewendet», sagt Bühlmann. Denn bei akuten Symptomen kann die Akupunktur rasch und gezielt helfen. «Viele Menschen kommen erst, wenn die Symptome voll ausgebrochen sind.»
So auch Paula Vettiger aus Zürich. Die 55-Jährige leidet unter Jucken und Tränen der Augen sowie einer andauernd verstopften Nase. «Meine Unterlider waren zeitweise so stark geschwollen, dass sie samt Wimpern gegen innen gestülpt waren», sagt sie. Heute kann sie trotz starker Erlen- und Birkenallergie mit dem Rad zur Akupunktursitzung fahren. Nach der ersten Behandlung haben der Juckreiz und das Tränen aufgehört. «Das ist einfach super», lacht sie, «früher musste ich an schönen Tagen bei geschlossenen Fenstern und Türen im Haus bleiben.»
Wann die Krankenkassen bezahlen
- Die Krankenkassen bezahlen Therapien der chinesischen Medizin, sofern die Ärztinnen und Ärzte über einen FMH-Ausweis sowie einen anerkannten TCM-Fähigkeitsausweis verfügen.
Adressen und Informationen:
- ASA, Schweizer Ärztegesellschaft für Akupunktur und chinesische Medizin, Sekretariat, Postfach, 8575 Bürglen (frankiertes und adressiertes Rückantwort-Couvert beilegen).
- SAGA, Schweizerische Ärztegesellschaft für Akupunktur und chinesische Medizin, Sekretariat, Seestrasse 155 a, 8802 Kilchberg, E-Mail: saga@komstar.ch
- Internet: www.akupunktur-tcm. ch, www.saga-tcm.ch