Prostata-Operation - Nur noch fünf kleine Schnitte nötig
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saldo 3/2002
13.02.2002
Prostata-Krebs ist die häufigste Krebserkrankung bei Männern. Eine neue Operationsmethode lässt Betroffene schneller genesen.
Der 71-jährige Robert Dobler liebt seine Hobbys: Er spielt Faustball, geht schwimmen und langlaufen. Im August letzten Jahres diagnostizierte der Urologe bei ihm Prostata-Krebs. Vor Weihnachten entfernte er ihm die Prostata. Nach einer Woche konnte Robert Dobler nach Hause. Mühelos besorgt der allein lebende Witwer seither wieder den Haushalt. Mitte Fe...
Prostata-Krebs ist die häufigste Krebserkrankung bei Männern. Eine neue Operationsmethode lässt Betroffene schneller genesen.
Der 71-jährige Robert Dobler liebt seine Hobbys: Er spielt Faustball, geht schwimmen und langlaufen. Im August letzten Jahres diagnostizierte der Urologe bei ihm Prostata-Krebs. Vor Weihnachten entfernte er ihm die Prostata. Nach einer Woche konnte Robert Dobler nach Hause. Mühelos besorgt der allein lebende Witwer seither wieder den Haushalt. Mitte Februar geht er bereits wieder in die Skiferien.
Robert Dobler gehört zu den rund 4000 Männern, die jährlich in der Schweiz neu an einem Prostata-Karzinom erkranken. Nach Lungenkrebs ist es die häufigste krebsbedingte Todesursache bei Männern. In etwa 75 Prozent der Fälle sind die Betroffenen über 70. Prostata-Krebs betrifft aber nicht nur ältere Männer. Jean-Luc Fehr, Urologe am Kantonsspital Schaffhausen: «Die Karzinome werden leider oft sehr spät erkannt, weil sie im Frühstadium kaum Beschwerden verursachen. Sie wachsen in der Regel sehr langsam und können 10 bis 15 Jahre unbemerkt bleiben.»
Regelmässige Kontrolle ab 50 empfohlen
Die Vorsorge ist deshalb sehr wichtig, betont Fehr. Er empfiehlt jährliche Untersuchungen beim Hausarzt ab dem 50. Altersjahr. Sind Fälle in der Familie bekannt, ist eine Untersuchung ab 45 angezeigt.
Eine frühe Erkennung des Tumors ist umso wichtiger, als die Heilungschancen zu diesem Zeitpunkt sehr gut sind. «Ist der Tumor über die Prostata hinausgewachsen und haben sich bereits Metastasen gebildet, ist eine Operation und vollständige Heilung kaum mehr möglich», so der Urologe. In diesem Fall wird mit einer Hormon-Block-Therapie das Wachstum der Krebszellen eingeschränkt. Eine Chemotherapie ist im Fall von Prostata-Krebs wenig Erfolg versprechend.
Robert Dobler hatte Glück: Mit ungefähr 60 bemerkte er, dass etwas nicht stimmte. «Ich musste mehrmals in der Nacht aufstehen, um Wasser zu lösen», erzählt er. Ein typisches Symptom. «Die vergrösserte Prostata drückt auf den Harnleiter, der Strahl wird zum Rinnsal. Die Blase kann nicht mehr richtig geleert werden, und Betroffene beklagen sich über vermehrten Harndrang», sagt Fehr. «Oft ist es bereits zu spät, wenn Betroffene Beschwerden verspüren.» In den Folgejahren ging Robert Dobler regelmässig zur Kontrolle. Im vergangenen Jahr dann die Diagnose Prostata-Karzinom.
Dank der frühen Erkennung war bei ihm eine Operation noch möglich. Sein Arzt informierte ihn auch über die Hauptnebenwirkungen: 30 Prozent leiden nach dem Eingriff unter Inkontinenz, was sich aber meist nach 6 bis 12 Wochen wieder legt. Beckenbodengymnastik stärkt den Blasenverschluss und ermöglicht wieder kontrolliertes Wasserlösen.
Leider haben 50 bis 70 Prozent der Operierten später Potenzprobleme und sind auf Hilfsmittel angewiesen. «Die für die Erektion verantwortlichen Nervenbündel können nicht immer verschont bleiben», erklärt Fehr. Robert Dobler akzeptierte das Risiko: «Wichtig ist die Gesundheit.» Auch seine Lebenspartnerin Heidi Suter trug es mit Fassung: «Es gibt wichtigere Dinge in einer Partnerschaft als Sex.»
Fünf kleine Schnitte: Dank Laproskopie weniger Schmerzen
In einer mehrstündigen Operation wurde bei Robert Dobler die Prostata komplett entfernt. Jean-Luc Fehr hat zusammen mit Tullio Sulser vom Kantonsspital Basel für diesen Eingriff die laproskopische Methode in der Schweiz eingeführt. Dabei wird der Bauch nicht mehr geöffnet. Über fünf kleine Schnitte werden Arbeitsinstrumente und Kamera eingeführt. Die Operation wird durch diese verlängerten Arme und über den Bildschirm ausgeführt. Klare Vorteile: Der Patient verspürt nach der Operation weniger Schmerzen, der Blutverlust ist geringer und der Aufenthalt im Spital kürzer. Der Eingriff ist aber sehr schwierig, weil dem Chirurgen der Tastsinn fehlt. Vor allem die Rekonstruktion der Harnröhre an die Blase war lange problematisch.
Inkontinenz nur noch beim Husten und Niesen
Robert Dobler überstand den Eingriff gut. Dennoch: Nach der Operation fiel der Rentner in ein psychisches Tief. Aber er hat sich gut erholt. Über die bisher ausgebliebene Potenz macht er sich wenig Sorgen. «Man wird sehen, es gibt viele Arten, sich gern zu haben.» Beim Wasserlösen hat er noch etwas Probleme. Inkontinent ist er zwar nicht, aber beim Husten und Niesen ist die Kontrolle noch schwierig. Auch hat er nach wie vor ziemlich starken Harndrang. Aber er ist zuversichtlich - das nächste Faustballturnier findet Ende Februar statt.
Silvia Baumgartner
Prostata - Kastaniengrosse Drüse
Die Prostata (Vorsteherdrüse) ist eine kastaniengrosse Drüse, die zu den männlichen Fortpflanzungsorganen gehört. Sie liegt vor dem Mastdarm und unterhalb der Blase. Sie umschliesst ringförmig den oberen Teil der Harnröhre. In der Prostata wird der Hauptteil der Samenflüssigkeit gebildet, die als Transport- und Aktivierungsmittel für die Samenfäden dient. 70 Prozent aller Prostata-Karzinome treten in der äusseren Zone auf. Da die Prostata dicht am Mastdarm liegt, können hier Knoten durch eine Tastuntersuchung (durch den Enddarm) gefunden werden.
Laproskopie - Spitäler
Die laproskopische Methode ist an den Kantonsspitälern Basel und Schaffhausen etabliert. Die Methode führen auch folgende Kliniken durch: Unispital Zürich, Centre hospitalier Universitaire vaudois in Lausanne, Klinik Lindberg Winterthur, Kantonsspitäler Luzern, Aarau, Winterthur.