Auf dem dreiseitigen Dokument prangt das Logo des Konsumentenforums. Es ist ein Essay über das umstrittene Unkrautgift Glyphosat, den man auf der Website des Vereins Konsumentenforum herunterladen kann.
Die Autorin des Essays ist Anna Bozzi, eine Vertreterin des Wirtschaftsverbands für Chemie, Pharma und Biotech. Dessen Präsident Christoph Mäder sitzt in der Geschäftsleitung der Agrarchemie-Firma Syngenta, die selber Spritzmittel mit Glyphosat produziert. Kein Wunder also, kommt der Essay zum Schluss, dass Glyphosat «gesundheitlich unbedenklich» sei.
«Altbekannte Argumente der Chemie-Lobby»
Das irritiert. Denn Experten der Weltgesundheitsorganisation hatten das Unkrautgift erst kürzlich als «wahrscheinlich krebserregend» eingestuft. Eine Stichprobe des Gesundheitstipp (5/2015) ergab, dass 20 von 40 Menschen in der Schweiz Rückstände des Unkrautvertilgers im Urin haben. Martin Forter vom Verein «Ärztinnen und Ärzte für Umweltschutz» bezeichnete dies als «äusserst beunruhigend». Der Essay zieht all diese Bedenken ins Lächerliche: «Man kann jeden Stoff messen, wenn man ihn finden will», schreibt Bozzi. Schliesslich lasse sich auch ein Stück Würfelzucker im Bodensee nachweisen. Doch Martin Forter winkt ab: «Das ist ein altbekanntes Argument der Chemie-Lobby, wenn es darum geht, Rückstände von Pestiziden zu verharmlosen.»
Der Essay des Chemieverbands wirft auch ein schlechtes Licht auf das Konsumentenforum. Der Verein bezeichnet sich selbst als «unabhängige Konsumentenorganisation». Jahr für Jahr erhält er Subventionen vom Bund – «für eine objektive und fachgerechte» Information, wie es das Gesetz vorschreibt.
Die grüne Nationalrätin Maya Graf ärgert sich: «Wenn das Konsumentenforum solche einseitigen Interessen vertritt, ist es weder unabhängig noch glaubwürdig.» Auch SP-Nationalrat Beat Jans kritisiert die «einseitige Werbeplattform für die Pestizid-Lobby». Was der Verein mache, sei «das Gegenteil von Konsumentenschutz».
Und Nationalrat Louis Schelbert von den Grünen sagt: «Von einer Konsumentenschutz-Organisation erwarte ich, dass sie sich auf möglichst neutrale Fachleute stützt.» Der Wirtschaftsverband für Chemie, Pharma und Biotech sei sicher nicht dafür geeignet, die Produkte seiner Mitglieder objektiv zu bewerten.
Es ist nicht das erste Mal, dass das Konsumentenforum mit dem Chemieverband zusammenspannt: Vor drei Jahren gaben die beiden eine gemeinsame Medienmitteilung heraus, die sich für den Einsatz von Gentechnologie in der Schweizer Landwirtschaft starkmachte.
Babette Sigg Frank, Präsidentin des Konsumentenforums, verweist darauf, dass ein Essay lediglich die Meinung der Autorin wiedergebe und nicht zwingend diejenige des Auftraggebers. Das Konsumentenforum sei deshalb «keine Plattform für Chemie, Pharma und Biotech». Es informiere umfassend, vor allem anhand von Faktenblättern und Positionspapieren.
Die Autorin des Essays, Anna Bozzi, sagt, der Verband lege «viel Wert auf eine wissenschaftlich-sachliche Argumentation». Dies sei die Basis für das Handeln und nicht etwa Stimmungsmache. Die chemische Industrie nehme Rückstände von Pflanzenschutzmitteln sehr ernst. Man müsse die eingesetzten Mengen und mögliche Risiken «in einem sachlich korrekten Verhältnis» sehen.