«Seit acht Jahren sind meine Tumoren unverändert»
Silvia Frei, 46: Leben mit Bauchspeicheldrüsen-Krebs.
Inhalt
Gesundheitstipp 09/2008
08.09.2008
Letzte Aktualisierung:
09.09.2008
Aufgezeichnet: Fridy Schürch
Seit Jahren leide ich an gewaltigen Schmerzattacken. Sie kommen während eines gemütlichen Essens, beim Tanzen, im Kino. Ich habe dann heftige Bauchschmerzen, zittere, und mir wird grauenhaft schlecht. Ich friere und schwitze zugleich und habe furchtbar Angst. Dann gehe ich so schnell wie möglich nach Hause. Medikamente nützen wenig. Die Krämpfe dauern bis zu zwei Stunden. Ich bin danach jeweils total erschöpft.
Der Grund fü...
Seit Jahren leide ich an gewaltigen Schmerzattacken. Sie kommen während eines gemütlichen Essens, beim Tanzen, im Kino. Ich habe dann heftige Bauchschmerzen, zittere, und mir wird grauenhaft schlecht. Ich friere und schwitze zugleich und habe furchtbar Angst. Dann gehe ich so schnell wie möglich nach Hause. Medikamente nützen wenig. Die Krämpfe dauern bis zu zwei Stunden. Ich bin danach jeweils total erschöpft.
Der Grund für die Anfälle sind Tumoren in der Bauchspeicheldrüse und in der Leber. Sie produzieren Hormone und stören meinen Stoffwechsel. Die Ärzte können nicht einschätzen, wie lange ich noch lebe.
Jahrelang nahmen Ärzte meine starken Schmerzen nicht ernst. Bis ich vor zehn Jahren endlich in ein Spital kam. Die Ärzte diagnostizierten einen Reizdarm. Doch sie waren sich einig: Für die Schmerzen war noch etwas anderes verantwortlich. In meiner Not ging ich zu einer Augen-Diagnostikerin. Sie erkannte drei Flecken in der Iris. Diese deuteten auf eine Störung in der Bauchspeicheldrüse hin, sagte sie. Ich liess das untersuchen. Die Röntgenbilder zeigten drei Tumoren.
Die Ärzte wollten sofort operieren. Ich freute mich. Denn ich war überzeugt, dass danach die Schmerzen endlich aufhören würden. Ich dachte: Lieber sterbe ich, als weiter zu leiden. Der grosse Schock kam, als ich nach der sechsstündigen Operation aufwachte. Der Krebsspezialist nahm mir jede Hoffnung: In der Leber und in den Lymphdrüsen hätten sich Ableger gebildet. Operation und Diagnose schwächten mich körperlich und seelisch. Ich fiel in eine tiefe Depression. Als ich nach zwei Monaten nach Hause durfte, wog ich noch 46 Kilo bei meiner Grösse von 165 cm. Ich ass fast nichts. Normalerweise bin ich Optimistin. Aber damals war ich überzeugt, bald zu sterben.
Auch für meine Angehörigen war mein Zustand sehr belastend. Und doch unterstützten sie mich nach Kräften. Einmal überredete mich meine Tochter, mit ihr in die Stadt zu gehen, um mich neu einzukleiden – ich war ja so dünn geworden. Wie ich das genoss! Es waren solche kleinen Dinge, die mir gut taten. Sie bestärkten mich, Ziele zu setzen. Ich wollte unbedingt erleben, wie meine Tochter eine Lehrstelle fand und mein Sohn seine Stifti abschloss.
Langsam fasste ich wieder Lebensmut. Nach und nach setzte ich die Morphiumpflaster ab. Ich wollte nicht von Medikamenten abhängig sein. Der Entzug war hart. Mir war wieder schlecht, ich war ständig müde, konnte aber nicht schlafen.
Die Operation liegt acht Jahre zurück. Alle sechs Monate muss ich meinen Bauch röntgen lassen. Und jedes Mal habe ich schreckliche Angst vor dem Ergebnis. Bisher hatte ich Glück. Die Tumoren sind unverändert. Ein Wunder! Die Ärzte glauben es kaum. Ich schöpfe immer wieder neue Hoffnung. Ich habe so viele Ziele und einen Traum: Einmal in die Dominikanische Republik reisen. Wenn es so weitergeht, schaffe ich auch das.
Seit einem halben Jahr arbeite ich 20 Prozent in einem Café. Die Kontakte mit Gästen beflügeln mich, lenken mich von meiner Krankheit ab. Ich lebe wieder.
Bauchspeicheldrüse: Tumor produziert Hormone im Überschuss
Manche Tumoren, die sich in der Bauchspeicheldrüse bilden, produzieren zusätzlich Hormone und stören Verdauung und Stoffwechsel. Die Patienten leiden z.B. an Bauchkrämpfen, Durchfall, Hitzewallungen oder Herzbeschwerden.
Tumoren, die Hormone produzieren, sind selten. Sie können auch in Magen und Darm entstehen. Meist wachsen sie langsam. Anfangs machen sie kaum Beschwerden und werden daher spät erkannt. Bei jedem zweiten Patienten haben sich dann bereits Metastasen in anderen Organen gebildet. Die Heilungs-Chancen und die Lebenserwartung sind dann gering.
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Bravo!
Stephanie Baumann, 16, berichtete an dieser Stelle (Ausgabe 7/8) über ihre Ziele als behinderte Schwimmsportlerin. An den Junioren-Weltmeisterschaften holte sie nun sechs Goldmedaillen. Herzliche Gratulation!
Die Redaktion