Letztes Jahr änderte die Telecomfirma Sunrise ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB). Die Kunden wurden darüber nicht informiert. Die Änderung hat es in sich. Zum Zahlungsverzug hiess es vorher in Ziffer 8 der AGB: «Der Kunde hat Sunrise für sämtliche Kosten, die Sunrise durch den Zahlungsverzug entstehen, inklusive den Inkassoaufwand, zu entschädigen.»
In der neuen Ziffer 8 heisst es nun: «Sunrise kann jederzeit Dritte für das Inkasso beiziehen. Der Kunde hat hierfür Mindestgebühren zu bezahlen und diese dem beigezogenen Dritten für das Inkasso direkt zu entrichten.»
Die Details dazu finden Sunrise-Kunden gemäss AGB nur im Internet unter www.sunrise.ch/servicege buehren. Auf der Website (siehe Bild) ist eine «Bearbeitungsgebühr» für das Inkasso durch Dritte aufgelistet. Neben der Mahngebühr von 30 Franken soll der Kunde bei einer offenen Rechnung von beispielsweise 12 Franken 37 Franken Gebühr zahlen. Bei einem Rechnungsbetrag von zum Beispiel 25 Franken sind es 58 Franken – und bei Rechnungen von 60 bis 144 Franken eine Gebühr in der Höhe des Rechnungsbetrags.
Neue Bestimmung für Kunden nicht bindend
Ist diese Bestimmung gültig? Nein, sagt Thomas Probst, Professor für Privatrecht an der Universität Freiburg: «Wenn Sunrise den Kunden die neue Bestimmung in Ziffer 8 nicht zur Kenntnis brachte, kann sich die Firma nicht darauf berufen. Der Kunde hat dieser ja nie zugestimmt.»
Konsequenz: Sunrise hat nur Anspruch auf die Verzugszinsen. Es sei denn, die Firma kann nachweisen, dass ihr aus der verspäteten Zahlung ein grösserer Schaden entstanden ist. Das ist aber angesichts der heute sehr tiefen Zinsen auf den Konten unmöglich.
Die neue Bestimmung wäre selbst dann nicht rechtsgültig, wenn Sunrise sie dem Kunden zur Kenntnis gebracht und dieser dagegen nicht protestiert hätte. Probst: «Die Konstruktion eines Vertrags zugunsten eines nicht bestimmbaren Dritten – versteckt in einem unscheinbaren Nebensatz in den AGB – ist für den Kunden nicht bindend.» Die Tarife seien zudem wohl unlauter: «30 Franken für eine Mahnung ergibt bei einem Arbeitsaufwand von geschätzt fünf Minuten einen Stundenansatz von 360 Franken.» Das sei viel zu viel für eine banale Schreibarbeit.
Sunrise-Sprecher Roger Schaller sieht das anders: Die neue Ziffer 8 sei keine einseitige Vertragsänderung, die kommuniziert werden müsse. Die neue Bestimmung zeige transparent auf, welche Kosten auf säumige Kunden zukämen. Diese Kosten habe Sunrise bereits vorher verlangt.